Was ich heute anders unterrichte als vor 10 Jahren
(M)Ein ehrlicher Blick auf Entwicklung und Lernen
Als ich am vergangenen Wochenende bei unserem jährlichen New Teacher Festival war und unsere Trainees ihre ersten eigenen Klassen unterrichteten, wurde mir einmal mehr bewusst, wie viel sich (bei mir) über die Jahre verändert hat.
Ich habe mich an meine ersten Schritte erinnert:
Nach meiner ersten Yogalehrerausbildung fühlte ich mich überhaupt nicht bereit.
Unsicher, verunsichert, voller Fragen.
Also hing ich direkt eine zweite, zweijährige Ausbildung bei Yoga Vidya an – und stand schon im ersten Jahr regelmäßig vorne auf der Matte.
Damals war ich froh über die festen Abläufe und klaren Strukturen, an denen ich mich festhalten konnte.
Doch mit der Zeit wurde mir klar:
✔️Nur Strukturen reichen (mir) nicht.
✔️Nur Techniken machen nicht (m)einen Unterricht, sie hinterlassen mich leer.
Wirklich gewachsen bin ich erst, als ich mich gefragt habe:
Wie will ICH eigentlich Yoga unterrichten?
Was will ich WIRKLICH weitergeben? Was berührt MICH?
Heute, nach über 15 Jahren auf der Matte – als Schülerin und Lehrerin – unterrichte ich anders.
Freier. Bewusster. Klarer.
Und ich möchte ein paar Gedanken teilen, was sich auf diesem Weg verändert hat – und was ich heute anders mache als früher. Vielleicht hilft es dir ja?!
Wie sich mein Unterricht verändert hat
1. Von der Technik zur Erfahrung
Früher habe ich sehr technikfokussiert unterrichtet:
Jede Haltung korrekt, jede Ansage präzise, möglichst keine Lücke lassen.
Heute geht es mir nicht mehr darum, unendlich viele Anleitungen zu geben.
Sondern darum, Erfahrungsräume zu öffnen.
Statt: „Streck deinen rechten Arm nach oben“ sage ich heute öfter:
„Finde deine eigene Länge. Spüre, was sich heute gut anfühlt.“
“The goal of yoga is not the pose. It is the awareness you bring to it.”
2. Von starren Plänen zu lebendigen Stunden
Früher plante ich meine Stunden minutiös durch.
Und hatte Stress, wenn etwas anders lief.
Heute sehe ich meinen Unterricht eher wie eine Landkarte:
Es gibt einen Weg – aber die Umwege dürfen sein. 😉
Ich spüre mehr hinein: Was brauchen die Menschen heute wirklich?
Manchmal ist weniger mehr. Manchmal braucht es mehr Boden statt Power.
“Flexibility in teaching creates freedom in learning.”
3. Vom Außenmaßstab zum inneren Kompass
Anfangs wollte ich alles „richtig“ machen.
So, wie ich es gelernt hatte. So, wie es andere vormachten.
Heute vertraue ich meinem eigenen inneren Maßstab.
Ich frage nicht mehr: Wie sollte eine gute Stunde aussehen?
Sondern: Was fühlt sich für diese Gruppe, diesen Moment, diesen Tag stimmig an?
Mein Lehrer Jason Crandell hat einmal gesagt:
"Unser Anspruch als Lehrer sollte sein, dass Schüler am Ende sagen: 'Ah, wie gut, dass ich heute beim Yoga war.' …Und nicht, dass sie irgendetwas perfekt lernen mussten."
Dieser Satz begleitet mich bis heute.
Yoga ist nicht Prüfungsvorbereitung.
Yoga ist Erinnerung.
Und unsere Aufgabe ist es, Räume zu schaffen, in denen Menschen sich aufatmen fühlen – nicht bewertet.
4. Von Redeflut zu kraftvollen Pausen
Früher hatte ich Angst vor der Stille.
Heute weiß ich:
Pausen sind keine Lücken. Sie sind Momente, in denen die Praxis in die Tiefe sinken kann.
Eine bewusste Ausatmung, ein stiller Übergang, ein kurzer Moment des Spürens – sie machen den Unterschied.
“Silence is sometimes the best teacher.”
5. Von Machen zum Begleiten
Früher dachte ich, ich müsse eine Stunde „durchziehen“.
Heute weiß ich:
Eine Klasse entsteht im Miteinander.
Ich schaffe Räume, aber ich lasse auch entstehen.
Ich begleite, statt zu führen.
“You are not leading the class. You are leading the experience.”
Was ich neuen Lehrer*innen heute raten würde
✔️Unterrichten lernst du durchs Unterrichten
Keine Theorie ersetzt die Erfahrung. Mut und Praxis sind die besten Lehrer.
✔️ Fortbildungen sind wichtig – aber noch wichtiger ist Verkörperung
Wissen allein reicht nicht. Es muss durch dich hindurchfließen.
✔️ Sei freundlich mit dir selbst
Fehler gehören dazu. Ohne sie gibt es kein echtes Wachsen.
✔️Vergleiche dich nicht
Dein Stil muss sich nicht an anderen messen. Er darf sich entwickeln – auf deine Weise.
✔️ Bleibe neugierig
Lernen endet nie. Jeder Kurs, jede Klasse, jede Begegnung lässt dich wachsen.
Heute weiß ich:
Yoga zu unterrichten bedeutet nicht, perfekt zu sein.
Es bedeutet, immer wieder neu zu lernen.
Sich selbst treu zu bleiben.
Und Räume zu schaffen, in denen andere sich wieder mit sich selbst verbinden können.
Was ich mir selbst damals gern gesagt hätte – und heute allen neuen Lehrer*innen mit auf den Weg geben möchte:
✔️ Übe Geduld – sowohl mit dir selbst als auch mit deinen Schüler*innen.
Tiefe entsteht nicht in einer Stunde.
✔️Vertraue deiner Stimme – auch wenn sie am Anfang noch leise ist.
✔️Bewahre dir deine eigene Praxis – sie ist der Nährboden für alles, was du weitergibst.
✔️ Frage dich immer wieder: Was brauchen die Menschen gerade – nicht, was müsste ich jetzt abarbeiten?
✔️ Und vor allem: Bleib menschlich. Deine Echtheit ist dein größtes Geschenk.